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Interviews

Lehrhaus im Gespräch

Prof. Dr. Michael Fricke und Julia Bradtke über ihre Ideen und Perspektiven, die das digitale Lehrhaus nicht nur für den evangelischen Religionsunterricht bietet


Was treibt euch an in eurer Maßnahme?

J.B.: Ich fand es selber so spannend, das Thema des Dialogs zu entdecken. Das Ziel des Dialoges ist es, gemeinsam zu neuen Erkenntnissen zu kommen, über seine eigenen Grenzen hinaus zu gehen. Und das in eine digitale Lernumgebung zu packen, wo Schüler interreligiösen Dialog in unserer Story vom Lehrhaus erleben und selber auch handeln können, das hat mich immer wieder motiviert.

M.F.: Also ich habe drei Gedanken. Zum ersten diese Idee des Dialogs unter jungen Leuten zu verbreiten. Das zweite, dass das im Feld von Religionen stattfindet, das war uns wichtig. Diese Grundidee, dass nicht nur Religionen miteinander im Dialog sein können, sondern dass man innerhalb einer Religion auch ganz verschiedene Perspektiven auf dieselbe Religion haben kann. Und das dritte, wir wollten an dieser digitalen Kultur nicht einfach nur um ihrer selbst willen teilhaben, sondern weil wir gesagt haben, wenn wir da etwas machen, dann möchten wir auch, dass die Qualität des Unterrichts vertieft wird dadurch.

J.B.: Das finde ich auch so besonders im Lehrhaus, dass Religion nicht nur objektiv ist, sondern dass auch Jugendliche miteinander sprechen, die eine individuelle religiöse Geschichte haben. Wir haben ganz unterschiedliche Glaubensvorstellungen und Weltanschauungen in unserem Lehrhaus, die auch ein bisschen die Realität unserer Gesellschaft abbilden.

Ist das über den Religionsunterricht hinaus generell auch in anderen Zusammenhängen, z.B. in der religiösen Jugendarbeit denkbar?

M.F.: Also daran haben wir jetzt noch nicht gedacht. Aber klar, man könnte es auch in der kirchlichen Arbeit einsetzen.
Denkbar sind auch andere Fächer.

J.B.: In manchen Regionen ist mir aufgefallen, da geht der Religionsunterricht immer mehr verloren. Und da ist das gerade toll wieder in Berührung zu kommen mit den Themen. Auch im Deutschunterricht geht es um Dialog, in gesellschaftswissenschaftlichen Fächern, in Ethik.

Was war eure größte Herausforderung im Laufe der Projektzeit?

M.F.: Für mich war zunächst die Herausforderung, den generellen Kompass dieses Lehrhauses zu finden. Also die klassische didaktische Frage „Wozu machen wir das?“. Und das zweite, welche Inhalte können wir da idealerweise reinstellen? Es gibt Themen, die eignen sich nicht für so eine Plattform, wie etwa Sterben und Tod. Das war für mich am Anfang die größte Herausforderung, da eine gute Linie zu finden.

J.B.: Von der praktischen Seite gab es viele Schwierigkeiten innerhalb des finanziellen Rahmens und auch der personellen Bedingungen das umzusetzen, z.B. bezahlbare Synchronsprecher zu finden. Und dennoch ging es, weil es heute so gute Programme gibt, wo man sich zwar schon ein bisschen technisch auskennen muss, aber mit denen man so etwas erstellen kann.
Am Anfang war ja die Idee, Videos zu machen, in denen die Schüler den Dialog lernen. Aber ich habe mich gefragt: Setzt man denen den Dialog vor? Und so kam die Idee auf, für diese Dialogvideos eine Lernumgebung zu machen mit Einführungsaufgaben und Nachbearbeitungs-aufgaben. Das Lehrhaus sollte erlebbar sein. Und dann hat sich das immer mehr entwickelt, sodass man jetzt wie in ein Lehrhaus hineingeht mit einer Entdeckertour, dass man die Jugendlichen interviewen kann, dass es verschiedene Räume gibt, die man interaktiv begehen kann, dass es Dialogsessions gibt, die man spielen kann. Das hat sich immer mehr aufgebaut.

M.F.: Nochmal so von der Metaperspektive draufgeguckt, die Wege entstehen im Gehen, wie es so schön heißt. Es gibt im Internet schon unzählige Videoclips über Religion, aber wir wollten etwas haben, was in unserem Haus drinnen ist, sodass die Leute nicht unsere Plattform verlassen müssen, um sich zusätzliche Informationen zu holen. Wir mussten also viel Bibliotheksmaterial einstellen. Und gleichzeitig sollten die Dialogvideos über die Religion informieren, aber auch einen Annäherungsprozess der Figuren untereinander ermöglichen.

J.B.: Ich fand es toll, dass dieser Raum überhaupt da war. Dass man da auch weiter gehen durfte und die Idee weiter entwickeln durfte. Das habe ich vorher in Forschungsprojekten nicht so erlebt.

Was würdet ihr sagen, habt ihr gelernt?

M.F.: Dafür gibt es für mich zwei Ebenen. Die erste ist inhaltlich. Die Begegnung mit Informationen und die Begegnung über diese fiktiven Figuren sollten witzig sein, unterhaltsam sein, weil das das Lernen erleichtert. Gerade auf solchen eher „toten“ Plattformen, wo kein echter Mensch da ist. Und das andere ist projekttechnisch, dass es immer besser ist, nochmal anzuhalten, zu hinterfragen und nachzujustieren. Weil es wichtiger ist, dass das Produkt am Ende gut ist.

J.B.: Ja genau. Dass man nicht über diese kritischen Punkte so hinausgeht und sagt „passt schon“, sondern dass man da nochmal reingeht.
Und wie man seine kreativen Ideen technisch umsetzt, das habe ich sehr gut gelernt. Und Durchhaltevermögen.

Worauf seid ihr stolz?

J.B.: Am meisten stolz hat mich die Rückmeldung der Studierenden gemacht. Dass man gemerkt hat, das hat sie gepackt und die waren davon auch beeindruckt, es war nahbar und erlebbar. Und dass man sie begeistern konnte, wie man mit Schülern einfach auf so eine sehr anschauliche Weise Religion erlebbar machen kann.

M.F.: Was mir gut gefällt, ist, dass wir tatsächlich diese zwei Ebenen haben. Dass man das Lehrhaus rezipieren kann, dass Schüler:innen das benutzen können und dass sie herausgefordert sind, selbst etwas zu produzieren.  

J.B.: Ich glaube, stolz können wir sein, wenn das dann wirklich angewendet wird, was man sich da überlegt hat und wenn es ankommt.

Wie malt ihr euch die Zukunft aus in Bezug auf euren Maßnahmenbereich, auf eure Intention oder euer Produkt sogar?

M.F.: Wir haben eine weitere Drittmittelförderung von zwei Jahren erhalten, um eine empirische Untersuchung zu machen, wie Schüle:rinnen damit umgehen.
Außerdem versuchen wir, die Plattform an den religionspädagogischen Zentren und Instituten in den verschiedenen Landeskirchen in einen größeren Bildungszusammenhang einzubinden.
 
J.B.: Also inhaltlich ist es gefühlt noch unendlich erweiterbar. Man könnte es auch noch für die Grundschule erweitern. Vielleicht nimmt sich auch manch einer ein Beispiel an dem Konzept und setzt das für sein Fach in der Art um. Auf jeden Fall ist es übertragbar auf andere Fächer.

Gibt es noch etwas, das ihr gerne noch hinzufügen möchtet?

M.F.: Ich bin dankbar für diese Möglichkeit. Ein kleines Fach kriegt da einen relativ großen Anteil vom Kuchen. Wir haben da natürlich von eurer tollen Gesamtleistung profitiert, diesen Antrag überhaupt durchzubringen.

J.B.: Das stimmt. Die Begleitung von L-DUR war sehr sehr gut. Es war nicht dieses hochtrabend Wissenschaftliche, sondern dieses Nahbare. Also sowohl menschlich als auch technisch habe ich mich gut begleitet gefühlt.

Das Gespräch führte Prof. Dr. Karsten Rincke


L-DUR wird im Rahmen der gemeinsamen "Qualitätsoffensive Lehrerbildung" von Bund und Ländern aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. (FKZ: 01JA2010)

L-DUR wird im Rahmen der gemeinsamen "Qualitätsoffensive Lehrerbildung" von Bund und Ländern aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. (FKZ: 01JA2010)


L-DUR

Wissenschaftliche Projektleitung:

Prof. Dr. Meike Munser-Kiefer

Prof. Dr. Karsten Rincke

Logo L-DUR - Lehrkräftebildung Digital an der Universität Regensburg

Organisatorische Projektleitung:

Natascha Lehner