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Fertigstellung der Dissertation "Förderung experimenteller Kompetenz von Lehrkräften im Fach Chemie"

Victoria Telser konnte als erste KOLEG-Doktorandin Ende 2019 ihre Doktorarbeit zum Thema "Förderung experimenteller Kompetenz von Lehrkräften im Fach Chemie" fertigstellen. Die KOLEG-Projektleitung hat mit ihr und den beiden Betreuern Arno Pfitzner und Oliver Tepner gesprochen.

Bildunterschrift: Dr. Victoria Telser (Mitte) mir ihren Betreuern Prof. Dr. Arno Pfitzner (links) und Prof. Dr. Oliver Tepner (rechts). 
Foto: Alexandra Franke-Nanic

Die wichtigste Frage zu Beginn: Was war eigentlich Gegenstand deiner Dissertation?
Victoria Telser:
 Ich habe mich mit den Fähigkeiten von Chemielehrkräften des Gymnasiums beschäftigt, die zur Durchführung von chemischen Experimenten notwendig sind. Einige Studien haben sich schon mit den Fähigkeiten von Schülerinnen und Schülern, erste Studien inzwischen auch mit Studierenden befasst und erhebliche Defizite sowie Fördermöglichkeiten aufgezeigt. Meines Wissens nach ist meine Arbeit die erste zu den Experimentierfähigkeiten von Lehrkräften. Die Bedeutung gut ausgebildeter Lehrkräfte muss auch vor dem Hintergrund betrachtet werden, dass es deren Aufgabe ist ein Grundverständnis vom Experimentieren weiterzugeben.

Was hat dich an diesem Thema von Anfang an fasziniert?
Victoria Telser: Angefangen hat es als Abenteuer. Mit dem 1. Staatsexamen ist der natürliche Weg einer angehenden Lehrkraft ab ins Referendariat. All meine Studienkolleg*innen sind diesen Weg auch direkt gegangen. Als die Möglichkeit zur Promotion aufkam, war ich erstmal neugierig. Das Projekt hat mich gleich angesprochen, obwohl und gerade weil am Anfang noch gar nicht so viel in Stein gemeißelt war. Die vielen Freiheiten und Gestaltungsmöglichkeiten, die besondere Konstellation der Zusammenarbeit und der persönliche Charakter der Betreuung in Regensburg haben mich sehr angesprochen. Zudem hat es mich gereizt, mich fachlich mit einer Thematik zu beschäftigten und diese „fit für die Schule“ zu machen. Gleichzeitig sollte ich eine Fortbildung entwickeln, die die experimentellen Fähigkeiten von Lehrkräften fördert und damit einen echten Beitrag zu gutem Unterricht leisten soll.

Was sind die Kernergebnisse deiner Dissertation?
Victoria Telser: 
Objektivität ist eine wichtige Bedingung für aussagekräftige Forschungsergebnisse. Da man es bei Videoauswertungen nicht mit Messwerten zu tun hat, ist es notwendig, die Objektivität ausreichend zu überprüfen. Wir konnten zeigen, dass es möglich ist, Videos von Experimentierszenen objektiv auszuwerten. Unser neu entwickeltes, 50-seitiges Kodiermanual wurde von mir dahingehend sehr sorgfältig überprüft. Neben einer Verbesserung der Lehrkräfte bezüglich der Experimentierfähigkeiten konnte ich bezüglich des fachlichen Inhalts der Fortbildung einen langfristigen Lernzuwachs messen. Zudem konnte ich zeigen, dass die Fortbildung auf hohe Akzeptanz bei den Lehrkräften stößt und Einfluss auf den Unterricht nimmt.

Wenn du nun zurückdenkst: Was waren die größten Herausforderungen?
Viktoria Telser: Scherzhaft könnte man sagen, dass der „Doktortitel“ auch für Durchhaltevermögen vergeben wird. Lehrkräfte für die Studie zu finden, war wohl die größte Herausforderung. Diese mussten ja bereit sein, sich filmen zu lassen, auch wenn sie nichts Genaues über die Aspekte wussten, die wir ausgewertet haben. Zudem hatte die Fortbildung einen starken fachlichen Teil, dessen Lehrplanbezug erst im LehrplanPLUS relevant wird.

Du hattest zwei Betreuer aus Fachdidaktik und Fachwissenschaft. Wie klappte die Zusammenarbeit Chemiedidaktik – Anorganische Chemie?
Viktoria Telser: Ich habe sehr viel Einblick in zwei Fachbereiche bekommen dürfen. Nicht immer scheint man dieselbe Sprache zu sprechen. Der gemeinsame Wille, das Projekt erfolgreich voranzutreiben, hat immer wieder dafür gesorgt, dass wir uns verständigt haben. Dass die Fachwissenschaften die Bedeutung fachdidaktischer Forschung wertschätzen, ist leider nicht immer der Fall. Für dieses Projekt hat es sehr gut funktioniert, weil der Wert des Projektes für alle sehr hoch war. Bei Lehrkräften anzusetzen, war uns besonders wichtig, damit die Wirkung besonders hoch ist. Die Universität kann z. B. über Besuche im Schülerlabor einen Beitrag leisten, Schülerinnen und Schüler zu begeistern, aber Lehrkräfte vermitteln über mehrere Jahre die Inhalte und das Wesen der Fächer.

Zu einer Doktorarbeit gehört natürlich auch ein wissenschaftlicher Betreuer. Im Fall von Victoria Telser waren es sogar zwei: Prof. Dr. Arno Pfitzner, Lehrstuhl für Anorganische Chemie sowie Prof. Dr. Oliver Tepner, Didaktik der Chemie an der Universität Regensburg.

Eine lockere Frage zum Einstieg: Wie war eure Zeit als Doktorand?
Arno Pfitzner & Oliver Tepner: Unsere Zeit als Doktoranden würden wir als die freieste und daher beste Zeit des Lebens beschreiben – berufliche Herausforderungen und Entscheidungsmöglichkeiten gepaart mit genügend Geld für Kaltgetränke. Leider kannten wir beide uns damals noch nicht ;-)

Inzwischen betreut ihr selber Doktoranden und Doktorandinnen. Was ist euch dabei besonders wichtig?
Arno Pfitzner & Oliver Tepner: 
Es ist uns vor allem wichtig, das Gefühl zu vermitteln, dass die Doktorand*innen jederzeit Fragen stellen und um Rat bitten können, ohne befürchten zu müssen, dass sich dies negativ auf ihre Bewertung auswirkt. Außerdem sollen die Doktorand*innen die Möglichkeit haben, ihre Forschung mit einem gewissen Freiraum selbst voranzutreiben und eigene Ideen zu verwirklichen.

Euer Rat für zukünftige Promovierende ist deshalb…
Arno Pfitzner & Oliver Tepner: 
In drei Stichpunkten gesagt:

1. Die Vernetzung mit anderen Doktorandinnen und Doktoranden.
2. Die Dissertation für eine gewisse Zeit mit oberster Priorität ansehen.
3. Vorbereitet zur Projektbesprechung kommen, weil letztere dann für die
    Doktorand*innen wirklich effektiv werden. Victoria war allerdings immer perfekt
    vorbereitet. 

Was ist das Spannende am Thema "Förderung experimenteller Kompetenz von Lehrkräften im Fach Chemie", das gleichzeitig auch eine Maßnahme bei KOLEG2 ist?
Oliver Tepner: Einerseits der wissenschaftliche Kontakt mit Lehrkräften, welche für die Didaktik neben den Studierenden die wichtigste Zielgruppe darstellt. Andererseits die Kooperation mit einem geschätzten Kollegen aus der Fachwissenschaft, der das Projekt um eine nicht-didaktische Perspektive bereichert. Zudem konnten wir Kriterien und erstmals ein Messinstrument zur Erfassung experimenteller Kompetenz von Lehrkräften entwickeln.
Arno Pfitzer: Für den didaktischen Laien ist vor allem auch der etwas tiefere Einblick in diese spezielle Welt sehr reizvoll und lehrreich.

Zum Abschluss ein Blick in die Zukunft: Was sind eure Ansätze zur Verbesserung der Lehrkräftebildung?
Arno Pfitzner & Oliver Tepner: Es ist wichtig, dass man die Konsequenzen aus der Studie für die Verbesserung der Lehrkräfteausbildung und -weiterbildung berücksichtig. Dies bedeutet z. B. die Schulung experimenteller Kompetenz insbesondere an Stellen, die sich als verbesserungswürdig herausgestellt haben. Um keinen falschen Eindruck entstehen zu lassen: Insgesamt betrachtet, sind Lehrkräfte in Bayern fachlich sehr gut ausgebildet und können kompetent experimentieren. Analog zu Studierenden und Dozierenden an der Universität machen lebenslange Fort- und Weiterbildungen viel Sinn, um sich verändernden schulischen Bedingungen und wissenschafltichen Themen anzupassen. Damit sollte die Kooperation zwischen Fachwissenschaft und Fachdidaktik aber auch zwischen Universität und Schule weiter intensiviert werden. Außerdem wird auch immer deutlicher, dass wir noch mehr Wert auf die experimentelle Ausbildung der Studierenden im Lehramt legen müssen.

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