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Symposium 2015

Poster2

Altertumswissenschaften in Deutschland und Italien am Ende des 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts

Kolloquium in Regensburg, 25.-27. Juni 2015

Das Zentrum für Klassikstudien der Universität Regensburg greift mit dem hier angekündigten Kolloquium eine Thematik auf, die zwar bereits wiederholt diskutiert worden ist, nun aber in einen breiteren historischen Zusammenhang gestellt werden soll, nicht nur durch Erweiterung des chronologischen Rahmens, sondern auch durch Vermeidung von Zuspitzungen auf reine Wissenschaftsgeschichte einerseits, auf politische Verstrickungen in Zeiten faschistischer und nationalsozialistischer Herrschaft andererseits. Am Beispiel zweier europäischer Nationen untersuchen Vertreterinnen und Vertreter von Archäologie und Geschichtswissenschaften, Klassischer Philologie und Literaturwissenschaften, wie politische und kulturelle Entwicklungen zu Neudefinitionen von Erkenntnisinteresse beitrugen und wie Stellungnahmen aus den Altertumswissenschaften ihrerseits auf Politik und Kultur einwirkten.

In der Zeit, über die wir sprechen wollen, wurden alte Selbstgewissheiten im Reich der Wissenschaften zunehmend brüchig, wie Fritz Ringer bereits 1969 in seiner wegweisenden Studie zur „German academic community“ zwischen 1890 und 1933 demonstriert hat. Vor allem die Altertumswissenschaften als einstige Leitdisziplinen mussten sich der Frage stellen, was sie der Moderne mitzuteilen hatten, welchen Beitrag sie etwa zur Bildung der nachwachsenden Generationen leisten konnten und wollten. Nationalismus und nationales Konkurrenzdenken stachelten auf zu einem Wettlauf um prestigeträchtige Grabungsorte und antiken Schaustücke für die großen Museen. Fast zwangsläufig wurde das Ideal einer internationalen ‚Gelehrtenrepublik‘ zurückgedrängt. Der Ausgang des Ersten Weltkriegs provozierte dann – zumal in Deutschland und Italien, wo er mit tiefergreifenden politischen und sozialen Umbrüchen einherging – bei vielen Intellektuellen ein Gefühl von Verunsicherung. Man suchte nach neuen Verbindlichkeiten, strebte eine normative Betrachtungsweise an und wollte sich von den relativistischen Tendenzen des wissenschaftlichen Positivismus lösen. Schon in der Vorkriegszeit entstandene, damals oft noch latente Strömungen traten nun mit Macht hervor. Ein generelles „Unbehagen an der Moderne“ äußerte sich in den Formen von Zivilisationskritik und Kulturpessimismus, in antidemokratischer Verachtung der ‚Masse‘ und einem extremen Elitismus. Selbst ernannte ‚Propheten‘ wie Stefan George und Gabriele D’Annunzio propagierten einen antikisierenden Kult um Vitalität und Virilität. Dem „Dritten Humanismus“ ging es hingegen darum, „den Weg zum Menschen“ zu beschreiten, „welchen die Griechen gewiesen haben“ (W. Jaeger 1920). Hier wie dort gab man die wissenschaftliche Distanz zum Gegenstand tendenziell auf oder, wie es Kurt Sontheimer 1962 formuliert hat: „Die Macht der Vernunft mußte der Macht des Lebens weichen“.

Im Rahmen der Tagung werden solche Tendenzen und durch sie geprägte wissenschaftliche Orientierungen thematisiert, so etwa das Interesse an Form bzw. Stil als Träger von Identität oder die verstärkte Hinwendung zu vor- und außer-‘klassischen’ Epochen und Strömungen in Philosophie, Literatur und Kunst, die auch zu einer fortschreitenden Spezialisierung innerhalb der Altertumswissenschaften führte


Do. 25.06.2015

17.00-18.00 Uhr

Begrüßung und Einführung

18.00-19.00 Uhr

Marcello Barbanera, Rom: Die Neuerfindung der Antike. Die Ruinen Roms als (Vor)Bild des neuen italienischen Königreichs

19.00 Uhr

Empfang

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Fr. 26.06.2015

10.00-10.45 Uhr

Kai Nonnenmacher, Regensburg: “E l’antico fu novo e il novo antico”. Klassizismus und Moderne bei Gabriele D’Annunzio

10.45-11.15 Uhr

Kaffeepause

11.15-12.00 Uhr

Robert E. Norton, Notre Dame (Il., USA): Platon im George-Kreis: Politik mit anderen Mitteln

12.00-12.45

Ernst A. Schmidt, Tübingen: Konstitutive Denkfiguren der Arbeit Rudolf Borchardts am Traditionsbestand der Antike

13.00- 14.30 Uhr

Mittagspause

14.30-15.15 Uhr

Lorenzo Cigaina, Triest: Giovanni Battista Brusin und die Archäologie in Aquileia und in den ‚terre redente‘ (1919-1945)

15.15-16.00 UHR

Sylvia Diebner, Rom: Ludwig Curtius als Vertreter der Altertumswissenschaft Deutschlands in Italien (1928-1937)

16.00-16.30 Uhr

Kaffeepause

16.30-17.15 Uhr

Klaus Fabian, Triest: Wie es zu den Ausgaben der griechischen Aristoteleskommentare kam. Einblicke in die unveröffentlichten Briefe von Adolf Torstrik, Girolamo Vitelli und Hermann Diels

17.15-18.00 Uhr

Marco Galli, Rom: Il rapporto tra archeologia ed etnologia negli ultimi decenni del XIX secolo. Il caso di Alessandro della Seta

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Sa. 27.06.2015

9.00-9.45 Uhr

Dirk Steuernagel, Regensburg: Ursprung und Originalität der Etrusker – Wiederaufnahme einer Diskussion

9.45-10.30 Uhr

Christian Kunze, Regensburg: Suche nach dem Ursprung: Zur Entdeckung und Bewertung der frühgriechischen Kunst im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert

10.30-11.00 Uhr  

Kaffeepause

11.00-11.45 Uhr

Stefan Rebenich, Bern: Von Inschriftensammlern und Italienfahrern. Deutsch-italienische Wissenschaftsbeziehungen in den 1920er und 1930er Jahren

11.45-12.30 Uhr

Christian Jansen, Trier: Krise und Verunsicherung in den deutschen Geisteswissenschaften durch Niederlage, Revolution und moderne Massengesellschaft

12.30-13.00 Uhr

Abschlussdiskussion/Zusammenfassung

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  1. Forschergruppen und Forschungszentren

Aktuelle Publikation

Vom Grund des Tragischen


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