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Themen

Um das Interesse möglichst vieler Käufer zu wecken, bot der Münchener Bilderbogen eine breite Palette an Themen an. Der Bilderbogen war für Jung und Alt, also für die ganze Familie gleichermaßen konzipiert. Ungefähr die Hälfte aller erschienenen Bogen war für Kinder geeignet. Da aber Kaspar Braun seine Bogen nicht als Verbrauchsware, sondern als Kunst für jedermann verstanden haben wollte, waren von den 1.200 Blättern nur 35 zum Ausschneiden gedacht. Es handelte sich hierbei um Kartenspiele, Figuren für das Kindertheater und Zeichnungsvorlagen. Zwei Bogen mit Weißsilhouetten sollten in Streifen geschnitten werden, um Bildmaterial für eine Laterna magica zu erhalten, wie der Titel versprach.


Laterna

Kaspar Braun: Laterna magica. Zauberbilder.

Erster Bogen. Nr. 128. 1853/54.


Kinderleben

Franz von Pocci: Kinderleben.

Nr. 163. 1854/55. (Ausschnitt).

Die Kinder bedienen eine Laterna magica, die als Vorläufer des Diaprojektors gelten darf.


Die Erwachsenen hatten ebenfalls ihre Freude an diesen Gebrauchsbogen, indem sie entweder bei den Bastelarbeiten mithalfen oder selbst anschließend mitspielten. Die herausgetrennten Bilder wurden auf dickem Karton oder Holzklötzchen aufgezogen, um sie als Spielzeug einzusetzen. Die belehrenden Bogen waren durch ihre gewählte Sprache, Spiele und Benimmregeln auf Kinder und Jugendlich des gehobenen Bürgertums ausgerichtet.



Ernst Fröhlich: Zeichnungs-Vorlagen.

1. Bogen. Nr. 174. 1855/56.



Ernst Fröhlich: Zeichnungs-Vorlagen.

2. Bogen. Nr. 175. 1855/56.


Das Gros der Blätter hatte so vielfältige Sujets, dass sie sich in zwei große Gruppen einteilen lassen: die eher humoristisch und die überwiegend künstlerisch angelegten Bogen, an denen Kinder gleichermaßen wie Erwachsene ihr Vergnügen fanden. Die witzigen Bildergeschichten sprachen auf den ersten Blick die jüngeren Leser an, die Eltern und Großeltern schmunzelten jedoch über den tiefgründigen Wortwitz und die damit einhergehende Gesellschaftssatire. Den aufwändigen ganzseitigen Holzstichen in Form eines märchenhaften Erzählbildes, für die Otto Speckter und Franz von Pocci Pate standen, zollten die Kunstliebhaber Respekt. Da im 19. Jahrhundert Märchen als Spuren eines verloren gegangenen Paradieses gedeutet wurden, waren die Darstellungen alter Volksmärchen nicht nur als Lektüre für Kinder gedacht, sondern auch von der Idee getragen, durch Rückbesinnung auf alte Volkserzählungen die Vergangenheit mit der Gegenwart harmonisch zusammenzuführen. Die Münchener Bilderbogen boten reichlich an romantischen Versatzstücken in Anlehnung an altdeutschem Stil: Die Seiten wurden von wucherendem Ast- und Wurzelwerk gerahmt, die Figuren in altdeutschen Kostümen vor Ruinen platziert, Märchen, Fabeln und Sagen in verschlungenen und miteinander verwobenen Bildern erzählt, die Titel in Bildtafeln, Bannern oder Kartuschen schwülstig darüber gesetzt.


Froschkoenig

Otto Speckter: Der Froschkönig.

Nr. 193. 1856.


Schon mit der ersten Ausgabe hatte der Münchener Bilderbogen einen Schwerpunkt auf Humor gelegt, der die heterogene Käuferschicht im Vergnügen an Wort- und Bildwitz einte. Die närrischen Einfälle des Grafen Franz von Pocci, der durch seine Kasperlgeschichten bereits in die Kinderzimmer Einzug gehalten hatte, amüsierten die Kleinen wie die Großen. Carl Reinhardt, Lothar Meggendorfer, Adolf Oberländer so wie natürlich Wilhelm Busch dürfen bei der Nennung der beliebtesten Künstler nicht fehlen. Der königliche Jäger Max Haider nahm die Waidmänner, die das nahe gelegene Gebirge oder die Isarauen auf der Pirsch durchstreiften, mit seinem Jägerlatein aufs Korn. Die Signatur der Künstlernamen am Ende des Bildes garantierte für den Verlag Braun & Schneider einen Verkaufserfolg. Dementsprechend wurde die Auflagenhöhe der einzelnen Bogen flexibel angepasst. Bei besonders beliebten Bogen wurde sofort eine weitere Auflage nachgeliefert. Da Wilhelm Buschs Der Virtuos nach 12.000 Exemplaren in kurzer Zeit ausverkauft war, wurde sofort ein Nachdruck um weitere 3.000 angestoßen. Bis 1927 wurden von dem exzentrischen Pianisten 178.000 Bogen in Umlauf gebracht.



Wilhelm Busch: Der Virtuos.

Nr. 465. 1867/68.


Geschäftstüchtig vermarktete der Verlag bereits veröffentlichte Beiträge, meist aus den Fliegenden Blättern. Da der Künstler sämtliche Rechte abtreten und auf eine Gewinnbeteiligung bei späteren Auflagen verzichten musste, konnte die niedrige Preiskalkulation gehalten werden. Am leichtesten waren Bildgeschichten ohne Text zu übertragen, wie etwa Buschs Silvesterbeiträge in den Fliegenden Blättern Der Virtuos und Der Morgen nach Silvester. Da die Fliegenden Blätter vom Äußeren eher einer Zeitschrift nahestanden und daher durchschnittlich einen wesentlich höheren Textanteil als ein Bilderbogen aufwiesen, wurden für die Einblattdrucke die Abbildungen übernommen und die dazugehörenden Ausführungen drastisch reduziert. Bisweilen wurden in Tradition des Potpourri-Bildes lediglich Illustrationen ohne Zusammenhang unter den Titeln Quodlibet, Bildallerlei oder Ähnlichem abgedruckt. Braun & Schneider veröffentlichte auch eigenständig erschienene Werke wie Max Haiders Herrn Petermanns Jagdbuch in komprimierter Form. Umgekehrt verkauften Pocci und Speckter ihre Märchenillustration nur geringfügig verändert an andere Verlage.



Max Haider: Herr Petermann und sein Hund Tiras.

Nr. 39. 1849/50.


Sowohl den witzigen als auch den kunstvolleren Blättern wohnte eine Botschaft inne, die von jeher den Anreiz zum Kauf eines Bilderbogens auslöste: Bildungshunger einhergehend mit Belehrung. So fanden sich nach traditioneller Manier im Münchener Bilderbogen für das Medium typische Motive: Trachten, geschichtliche Abrisse, exotische Länder, Menschen und Tiere, Architektur, Flora und Landschaftsdarstellungen. Eine Besonderheit bilden die Schattenspiele, die überwiegend von wenigen Künstlern wie dem Verleger Kaspar Braun, Franz von Pocci, Tony Muttenthaler, Karl Stauber, Eduard Ille, Fritz Steub, Theodor von Kramer, Eduard Fehrenbach und Ernst Fröhlich gestaltet wurden. Das Publikum hielt der Silhouettenkunst bis zur Einstellung der Bilderbogen über 50 Jahre hinweg die Treue. Das überschwengliche Treiben und die ausladenden Gesten der schwarzen gesichtslosen Gestalten reizten die Künstler zu gesellschaftskritischen Satiren, die keines Wortes bedurften.


Jongleure

Karl Stauber: Jongleure und Akrobaten.

Nr. 188. 1855/56.


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Rutschpartie191

Eine Virtuelle Ausstellung

der Universitätsbibliothek Regensburg